Bal - Honey

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Der Spielfilm BAL - HONIG hat in Berlin den Goldenen Bären gewonnen und das Publikum mit seiner Kindheitsgeschichte verzückt. Semih Kaplanoglu lässt uns eintauchen in eine Natur, die im Schwinden begriffen ist. Seit kurzem besucht der sechsjährige Yusuf die Grundschule, wo er Lesen und Schreiben lernt. Sein Vater Yakup ist Bienenzüchter und hängt die Bienenkörbe in den unermesslich weiten Wäldern der Berge an der Schwarzmeerküste in die obersten Wipfel der höchsten Bäume. Für den Knaben Yusuf ist der Wald ein Ort grosser Geheimnisse, und er liebt es, mit seinem kindlichen Staunen den Vater dahin zu begleiten. Als die Bienen überraschend aus der Gegend verschwinden, ist die Lebensgrundlage der Familie in Frage gestellt. Yakup bricht ins entfernte Gebirge auf. Semih Kaplanoğlu führt uns im allerersten Sinn des Wortes vor Augen und vor Ohren, was mit der Natur schwindet, wenn wir ihr nicht Sorge tragen. Und er öffnet uns den Raum in die Kindheit, die auch unsere eigene ist. BAL ist wie ein Gedicht, in das man eintauchen kann und das einen verzückt. Dreifach nominiert für die Europäischen Filmpreise und für die Oscars 2010.

 

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Semih Kaplanoglu hat am Filmfestival von Berlin den begehrten Goldenen Bären abgeholt. «Bär liebt Honig», hat die FAZ frohlockt, und man war sich in den Medien einig: Eine verdiente Auszeichnung, ein würdiger Preisträger. Der Filmemacher, der mit seiner unaufgeregten Art Filme zu gestalten schon mit früheren Werken aufgefallen war, hat hier eine nicht nur in sich stimmende, er hat eine in sich ruhende Arbeit geschaffen. In Bal lässt er uns eintauchen in eine Natur, die im Schwinden begriffen ist, eröffnet er uns einen Schau-, Lausch- und Fühlraum, in dem das  meiste, was passiert, im Zuschauenden vor
sich geht: Schauen und Staunen. Natürlich ist die Natur ein dankbares Sujet fürs grosse Kino, für die ausladende Leinwand. Natürlich gibt es eine grosse Zahl von Filmen, die die Schönheiten der Natur besingen und ihre Handlungen inmitten von zauberhaften Landschaften sich entfalten lassen. Hier nutzt einer aber die Natur nicht nur als atemberaubendes Dekor, hier macht einer die Natur selber zum Thema, und zwar die uns umgebende, die uns verzaubernde, die uns beängstigende und die uns beglückende Natur der Berge und der Wälder. Semih Kaplanoğlu betrachtet sie und lässt sie in sich ruhen, lässt sie atmen, so dass wir ihren Hauch von der Leinwand herunterströmend auf dem Kinosessel zu spüren glauben. Der Filmemacher ist einer, der äusserst sensibel wahrnimmt, das hat er bereits in seinen früheren Filmen bewiesen, und er ist einer, der an die Wahrnehmung der Zuschauenden im Kino glaubt und auf sie setzt. Da ist es dann ganz wie draussen in der Natur: Es braucht keine Action, da ist so viel los. Wenn man sich nur auf sie einlässt, sich Zeit schenkt und wahrnimmt. Die Handlung in Bal ist in drei Sätzen erzählt, aber das, was geschieht, würde Bände füllen. Kaplanoğlu führt uns im allerersten Sinn des Wortes vor Augen und vor Ohren, was mit der Natur schwindet, wenn wir ihr nicht Sorge tragen. Das sind nicht nur die Bienen, die sich zurückziehen und damit die Fortpflanzung der Pflanzen in Frage stellen, das ist auch der Mensch, der die Ruhe verliert und die Musse des besinnlichen Zusammenseins. Bal ist wie ein Gedicht, in das man eintauchen kann und das einen verzückt.


Walter Ruggle

Festivals & Auszeichnungen

Berlinale 2010: Goldener Bär, Bester Film

Berlinale 2010: Preis der ökumenischen Jury

Nominationen European Filmawards 2010 (Verleihung 4. Dezember 2010): Bester Film, Beste Regie, Beste Kamera

Nomination als bester türkischer Film für die fremdsprachigen Oscars

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Credits

Originaltitel
Bal - Honey
Titel
Bal - Honey
Regie
Semih Kaplanoglu
Land
Türkei
Jahr
2010
Drehbuch
Semih Kaplanoğlu, Orçun Köksal
Montage
Ayhan Ergürsel, Semih Kaplanoğlu, S. Hande Güneri
Kamera
Barış Özbiçer
Ton
Matthias Haeb
Ausstattung
Naz Erayda
Produktion
Semih Kaplanoğlu
Formate
35mm, DVD, Blu-ray
Länge
105 Min.
Sprache
Türkisch/d/f
Schauspieler:innen
Erdal Besikçioglu (Yakup), Tülin Özen (Zehra), Alev Uçarer, Bora Altas (Yusuf), Ayşe Altay, Özkan Akçay

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Pressestimmen

«Ein Kino-Wunder: Bal - Honig» Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Film ab zur Entschleunigung.» Stuttgarter Zeitung

«Ein Film, der die Wahrheit im Flüsterton sucht.» Florian Keller, Tages-Anzeiger

«Die Zuschauer erfahren die Welt durch Yusufs Augen und beginnen tatsächlich - das ist eines der Wunder dieses Films - sie anders zu sehen und zu hören. Atmosphäre ist ein wichtiger Bestandteil der Inszenierung des türkischen Regisseurs. Jedes Knacken der Zweige, jedes Rauschen im Wald verstärkt das Gefühl der Demut, das die Figuren der Natur entgegenbringen.» Richard Walder, Die Südostschweiz

 «BAL s’impose en douceur comme un des plus beaux films jamais réalisés sur l’enfance – et l’enfance de l’art.» Le Temps, Norbert Creutz

«Wunderschön, fast märchenhaft-träumerisch entrückt: inspiriert von Rimbauds «Sensation», flüsternd von der Einschulung und dem Tod des Vaters seines Helden.» Christoph Egger, NZZ

«Vielleicht machen es sich manche Filme zu einfach, wenn sie die Probleme der Welt aus der Perspektive kleiner Jungen und Mädchen betrachten. Aber das gilt nicht für BAL. Dieser Film will in Wahrheit nichts weiter, als eine abgelegene und verwunschene Landschaft zu zeigen, ihre Häuser, ihre Dorfschule, ihre Wälder, ihre Bewohner. Und weil seine Grundstimmung das Staunen ist, kann sein Held kein Erwachsener sein. Denn zum Glück des Schauens, wie es BAL seinen Zuschauern gewährt, gehört der Zauber des Anfangs, des ersten Mals.» Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Cette ode à la nature, qui évoque le cinéma de Tarkovski, nous fait redécouvrir le monde à travers les yeux d’un enfant. Magnifique.» Le Matin

«Ein vorwitziges, nachdenkliches, aufmerksames, ein Gesicht mit braunen Knopfaugen und einer Stupsnase: Es ist das Gesicht des achtjährigen Bora Altaş, der die Hauptrolle in Semih Kaplanoğlus Bal – Honig spielt. Und es wird in Erinnerung bleiben: sein skeptischer Blick, das zarte Lächeln, das Leuchten der Begeisterung, das kurz aufglimmt und dann wieder verlischt. Auf Anhieb hat dieses scheue, stille Kind alle Herzen gewonnen (...)
Ein Film, der träumen lässt, der das eigene Sehen, Empfinden zum Schwingen bringt, in einer so weiten wie stillen Welt. Es fühlt sich an wie Wind, wie Sauerstoff, nach allzu langer Konservenluft. Oder wie Sonne, die durch den Wald aus wunderbar turmhohen Bäumen fällt. Dass das Summen von Bienen, das Flattern von Vogelflügeln, das Knacken von Ästen im Wald so aufregend sein kann – das ist eine unvergessliche Erfahrung.» Tagesspiegel

«Ein Film, der eine Einbildung sein muss, weil er einfach zu schön und zu berührend ist, um wirklich zu existieren.» Die Zeit

«Schön wie ein mediterranes Gedicht aus einer vergessenen Zeit … Bora Altaş verkörpert den kleinen Yusuf so, dass man ihn auf der Stelle adoptieren möchte.» Libération

«BAL gleicht einer lyrischen Reise durch die Seele eines Kindes.» Der Stern

«Es ist ein Sehnsuchtsort, an dem Natur- und Menschengeschichte zusammenfallen. Deshalb trägt das Geschehen in „Bal“ auch kein Datum. Im Film wird ein Kalender von 2009 aufgeschlagen, aber in Wahrheit führt sein Kamerablick in eine Zeit neben der Zeit, einen mythischen Raum. (...) Dass „Bal“ aus dem normalen Kinobetrieb herausragt, hat sich nach dem Goldenen Bären für Kaplanoglu auf der jüngsten Berlinale herumgesprochen, aber die Begegnung (oder Wiederbegegnung) mit dem Film gehört dennoch zu jenen Erlebnissen, auf die man sich durch Lektüre nicht vorbereiten kann. Nicht dass Kaplanoglu den alten Kinderblick des Kinos wiederbelebt, ist - obwohl beglückend genug - das Wunder dieser Geschichte, sondern dass er in diesen Blick, ohne ihn zu brechen, die Zeichen der Verlorenheit einschreibt: die Angst in der Menge, die Fremdheit zwischen Sohn und Mutter, die Einsamkeit des Jungen in der Welt.» Andreas Kilb, FAZ

 

«Kaplanoğlus Film entlässt den Zuschauer mit einem Gefühl tiefer und anhaltender Verwunderung. Verwundert sind wir nicht nur über das Schicksal dieser kleinen Familie, sondern auch über die Möglichkeit des Kinos, uns in Zustände einer heilsamen Selbstentfremdung zu versetzen, wie wir sie allenfalls aus Träumen kennen.» Katja Nikodemus, Die Zeit

«Le réalisateur de Bal a surtout voulu formuler sa perception de la relation entre l’homme et la nature.» Arte France

«Was Schönheit ist, das kann man in Bal – Honig erfahren. Die Tönungen der Bilder, ihr Kontrastreichtum, ihre Tiefenschärfe, ihre an Stillleben erinnernde, vollendete Komposition sind das eine. Das andere ist die unendliche Ruhe, mit der die Bilder auf der Leinwand verbleiben – ihre Dauer entlässt den Zuschauer aus der subjektiven Perspektive der Personen, sie bannt ihn in Distanz. Die Bilder der Natur stehen zu Yusufs Seelenleben weder in einem altbacken symbolistischen noch in einem expressiven Verhältnis: Hügel, Wald, Tal und Fluss sind Yusuf ein schweigendes Gegenüber, eine Wesenheit, die jede Bewertung souverän ablehnt. Ihre letzte Berechtigung hat die dokumentarische, distanzierende Schönheit von Bal – Honig darin, dass sie nichts verklärt. (...)  Aber so viel man auch erklären und theoretisieren will: Am Ende besiegelt die Schönheit das Geheimnis einer kindlichen Seele. Dieses Geheimnis macht Bal – Honig zu einem großen Film.» Berliner Zeitung

„Manchmal genügt die erste Einstellung eines Films, um zu erkennen, ob man es mit einem großen Filmemacher zu tun hat. In Bal – Honig ist alles bewundernswert. Es ist lange her, dass man einen Film gesehen hat, der die Sinne so sehr in Anspruch nimmt. Die Tonspur ist unglaublich reich. Wenn ein Ast knackt, hat man das Gefühl, wirklich im Wald zu sein. Das Summen einer Biene befreit das Ohr von den Ablagerungen der letzten zehn Blockbustern. Die Bilder stehen dem in nichts nach. Und zu allem Überfluss: Was ist die Geschichte dieses kleinen Jungen bewegend!“ L’Humanité

“Eine schweigsame, ganz und gar unsentimentale Eintracht herrscht zwischen Vater und Sohn. Als die Bienen die Gegend verlassen, ist der Vater gezwungen, in einer entlegenen Gebirgsregion nach Honig zu suchen. Nach Tagen ist er immer noch nicht zurückgekehrt. Von dieser Abwesenheit erzählt der Film in ruhigem Rhythmus und mit einer stillen Wucht, weil alles, das Haus, der Junge, der Wald, die Bienen und die Landschaft, auf so physische Weise anwesend ist. In Bal glaubt man den Regen zu riechen, der über dem Schulweg des Jungen niederprasselt. Man folgt ihm in tiefe, feuchte Wälder, in denen sein weisses Hemd hervorleuchtet. Man geht mit ihm zur Schule, wo er stotternd vor den anderen Kindern vorliest. Und man sitzt mit ihm und seiner Mutter abends im holzgeheizten Haus, in dem die Abwesenheit des Vaters kaum mehr auszuhalten ist. (...) Ein Film, der eine Einbildung sein muss, weil er einfach zu schön und zu berührend ist, um wirklich zu existieren. Falls er doch keine Festival-Halluzination ist, hätte er einen Berlinale-Bären und auch einen Platz da draussen, in der ganz realen Kinogeschichte, verdient.“ Die Zeit

«Il s’agit d’une belle allégorie, de l’étrange rapport d’un petit garçon de 6 ans avec son père apiculteur qui veut lui transmettre l’usage de la parole. Entre poésie et naturalisme, Bal recompose un monde imaginaire sensible, avec une rigueur dans les cadrages qui augure peut-être d’un renouveau du cinéma turc. Parallèlement, on apprenait samedi après-midi que le film avait été acquis par un distributeur suisse. On verra donc cet Ours d’or en salles à Genève et c’est tant mieux.» Tribune de Genève