Die Opfer der Täter
1998 verübte die Aum-Sekte einen Giftgasanschlag auf die Tokyoter U-Bahn und erregte damit weltweit Aufsehen. Die Täterinnen und Täter kamen bei dem Anschlag selber ums Leben. Regisseur Hirokazu Kore-eda, der sich in seinen Filmen immer wieder mit Fragen um den Übergang vom Leben zum Tod beschäftigt hat (Maboroshi, Nobody Knows, After Life), entschied sich bei diesem Film, nicht die naheliegende Perspektive der Opfer des Sektenanschlags einzunehmen, er setzt seine Geschichte bei den Opfern der Täter an. So treffen sich einige ihrer Verwandten drei Jahre nach dem Anschlag an jenem See, über dem die Asche der Toten verstreut worden war. Zur Gruppe, die sich da inmitten eines verlassenen und idyllisch anmutenden Stücks Natur einfindet, gehört auch ein Sektenmitglied, das überlebt hat.

Durch den Ansatz, den der Japaner gewählt hat, vermeidet er die Nacherzählung des Geschehens oder einfache Zuweisungen. Distance ist viel eher eine innere Rekonstruktion der Tragödie und schürft als solche auch sehr viel tiefer im stillen Horror. «Sein gedämpfter Film ist an den Reaktionen der Verwandten der toten Sektenmitglieder interessiert, entwickelt sich zu einer Studie über ihre Gefühle von Verlust, Verantwortung und Verständnislosigkeit», schrieb Jamie Russel anlässlich einer grossen Kore-eda Retro. Der Film gibt Fragen nicht Antworten.

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Der neue Film des Japaners Hirokazu Kore-eda wurde in den Wettbewerb nach Cannes eingeladen.

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Originaltitel Distance
Deutscher Titel Distance
Französischer Titel Distance
Andere Titel Distance
RegisseurIn Hirokazu KORE-EDA
Land Japan
Kinoformate 35mm, DVD
Drehbuch Hirokazu Kore-eda
Montage Hirokazu Kore-eda
Musik Yasuhiro Kasamatsu
Kamera Yutaka Yamasaki
Ton Eiji Mori
Ausstattung Keiko Mitsumatsu, Toshihiro Isomi
Produktion TV Man Union, Toyko
Länge 132 Min.
Sprache Japanisch/d/f
SchauspielerInnen
Arata Atsushi
Yusuke Iseya Masaru
Susumu Terajima Makoto
Yui Natsukawa Yui Natsukawa ...
Tadanobu Asano Sakata
Auszeichnungen

Filmfestival Cannes, Sélection Officielle

Distance ist nicht nur eine simple Reproduktion dieser Tragödie, sondern ein komplexes, erschütterndes Drama über Verlust und Trauer. Trotz zahlreicher Rückblenden auf jene Ereignisse, die zu dem verhängnisvollen Anschlag führten, gibt Koreeda Hirokazu die Motivation der Sekte nie preis. Sein gedämpfter Film ist vielmehr an den Reaktionen der Verwandten der toten Sektenmitglieder interessiert, entwickelt sich zu einer grübelnden Studie über ihre Gefühle von Verlust, Verantwortung und Verständnislosigkeit.



Durch den Einsatz von Handkamera kreiert Distance jene verstörende Atmosphäre, die man eigentlich aus Horrorfilmen kennt außer dass es hier nichts Übernatürliches gibt. Distance ist ein schaurig-inspirierender Film, der beweist, dass das Interesse des japanischen Kinos an Gruseligem weit über die Grenzen von Horrorklassikern wie The Ring, Battle Royale oder Audition hinausreicht. Ähnlich wie bei Aoyama Shinjis Eureka verdeutlicht diese impressionistisch gehaltene Arbeit, dass wirklicher Horror in den Tiefen der Verständnislosigkeit zwischen dem Selbst und den Anderen zu finden ist.

Jamie Russell

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