There is no Evil

von Mohammad Rasoulof, Iran, 2020

Heschmat, Pouya, Javad und Bahram sind vier Männer, die einander nicht kennen, aber ein gemeinsames Schicksal teilen: Sie mussten eine Entscheidung fällen, die ihre Existenz und die ihrer Lieben betraf. Mohammad Rasoulof regt uns in seinem Meisterwerk an, darüber nachzudenken, wie Männer und Frauen auch in schwierigen Situationen ihre Freiheit behaupten können. Sein Film ist ein Plädoyer für das Leben in Selbstbestimmung.

Schwierige Bedingungen sind der Kreativität förderlich, sagt man, wenn man in einem Land lebt, in dem man ziemlich alles sagen kann. Die umgekehrte Logik, betonen Filmschaffende, die unter schwierigsten Umständen grossartige Filme drehen, soll nicht sein. Ihre Filme entstehen ja just aus dem Bedürfnis heraus, die Umstände dahingehend zu verändern, dass es auch so etwas wie die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks gibt. Wie wenig diese im Iran gilt, müssen Filmemacher wie Mohammad Rasoulof erfahren: Sie sollen schweigen, dürfen ihre Filme im eigenen Land nicht zeigen, und, auch wenn sie anderswo gefeiert werden, nicht begleiten. Wenn es also einen Beleg dafür gebraucht hätte, wie dringlich der Film There is no Evil ist und wie präzise Rasoulof das fundamentale Dilemma von Menschen in diktatorischen Umständen beschreibt, dann haben die Diktatoren in Teheran ihn selber geliefert: Der Filmemacher durfte nicht reisen und den Goldenen Bären in Berlin entgegennehmen.

Dabei erzählt der Regisseur, der sich schon mit Filmen wie A Man of Integrity als visueller und scharfsinniger Geist gezeigt hat, in unglaublich dichter und stilsicherer Art einfach von vier Menschen, die für sich Entscheidungen treffen mussten in einem Umfeld, das den Individuen keine Entscheidungsfähigkeit zugesteht: Der Familienvater, der Rekrut, der Geliebte, der Arzt. Einen Langspielfilm hätte man ihm nicht mehr erlaubt, also drehte Rasoulof vier lange Kurzfilme, die wie von selbst auseinander hervorwachsen. Jede Episode ist da intensiver als vieles, was wir sonst so zu sehen bekommen. Es sind Etüden aus dem Leben, mit denen Mohammad Rasoulof uns je in Situationen versetzt, die wir auf den ersten Blick anders einschätzen mögen, als sie sich erweisen. Er führt uns wie nebenbei ins Zentrum moralischer Fragen: unausweichlich, mutig, grandios.

Walter Ruggle


BONUS:

Interview im Tagesspiegel zur Berlinale

Bericht und Gespräch auf Euronews

Gespräch nach Preisverleihung Berlin

Festivals & Auszeichnungen

Berlinale 2020
Goldener Bär - Bester Film
Gilde-Preis der AG Kino-Gilde
Preis der ökumenischen Jury

Philadelphia Film Festival
Audience Award

São Paulo International Film Festival
Audience Award

Batumi International ArtHouse Film Festival
Winner Best Film

Calgary International Film Festival
Audience Award

Crested Butte Film Festival
Special Jury Prize

Heartland International Film Festival
Grand Prize

Hong Kong Asian Film Festival
Young Jury Award

Montclair Film Festival
Narrative Feature Award: Best Film

Oslo Films from the South Festival
Silver Mirror Award

Valladolid International Film Festival
Ribera de Duero Award: Best Director

 

artwork

Credits

Originaltitel
There is no Evil
Titel
There is no Evil
Regie
Mohammad Rasoulof
Land
Iran
Jahr
2020
Drehbuch
Mohammad Rasoulof
Montage
Mohammadreza Muini, Meysam Muini
Musik
Amir Molookpour
Kamera
Ashkan Ashkani
Ton
Hasan Shabankareh, Philipp Kemptner, Hasan Mahdavi
Kostüme
Afsaneh Sarfejo
Ausstattung
Saeed Asadi
Produktion
Mohammad Rasoulof, Kaveh Farnam, Farzad Pak
Formate
Blu-ray, DCP
Länge
150 Min.
Sprache
Farsi/d/f
Schauspieler:innen
Ehsan Mirhosseini (Heshmat), Shaghayegh Shourian (Razieh), Kaveh Ahangar (Pouya), Alireza Zareparast (Hasan), Salar Khamseh (Salar), Darya Moghbeli (Tahmineh), Mahtab Servati (Nana), Mohammad Valizadegan (Javad), Mohammad Seddighimehr (Bahram), Jila Shahi (Zaman), Baran Rasoulof (Darya)

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Pressestimmen

«Une peinture sociale de toute beauté.» 20 minutes

«Ein kraftvolles, feinfühlig inszeniertes und subtil verknüpftes Meisterwerk.» Filmbulletin, Michael Ranze

«Tolles, intensives iranisches Drama.» Annabelle, Matthias Heybrock

«Obwohl er im Iran gar nicht drehen dürfte, gelingt Rasoulof ein bildgewaltiger Film mit vier aufwühlenden, tragischen, mitreissenden Geschichten – die völlig überraschend auch Liebesgeschichten mit starken Frauen sind. Denn in der Liebe, so zeigt Rasoulof, hat das Böse tatsächlich keinen Platz.» SRF Kultur, Georges Wyrsch

«Il s'agit d'une étude de caractères passionnante qui mêle tous les genres cinématographiques, du mélo à la peinture sociale, du film d'action au récit intimiste.» RTS

«Mohammad Rasoulof richtet einen dringlichen Appell an alle, sich ihres Handelns in seiner letzten Konsequenz vor Augen zu führen.» P. S. Zeitung, Thierry Frochaux

«Un film qui doit gonfler le coeur de ses compatriotes et donne une leçon fantastique de cinéma au reste du monde.» 24heures, Boris Senff

«Ein stilles Meisterwerk über die Banalität des Bösen.» maximumcinema, Alan Mattli

«Als widerständiges Kino gegen eine unmenschliche Praxis verdient Rasoulofs Werk Respekt. Vor allem auch, weil es wirklich erschüttert.» Frame

«Un film fort et puissant sur la morale, la culpabilité et la lutte pour la liberté. Un magistral coup de poing!» S2P Mag, Paola Mori

«Beeindruckend komplex, aber doch immer glasklar.» Tages-Anzeiger, Pascal Blum

«Dieser Film ist definitiv sehenswert und wird einen noch eine Weile begleiten.» outnow, Christoph Schelb

«Erschüttert schon nach der unerwarteten Wendung der ersten Episode zutiefst.» Medientipp, Sarah Stutte

«Un chef-d’œuvre d’humanité, de poésie et de cinéma.» Avoir-Alire

«Il s’agit plutôt de chroniques, voire de nouvelles à la Poe ou Tchekhov avec retournement révélateur de rigueur. Subtilement choral, l’opus se révèle aussi didactique. Il se déploie au prisme de regards croisés mêlant victimes inconscientes ou non et bourreaux se refusant parfois à l’être. Avec à la clé, des options aux conséquences sismiques. Tout l’art du cinéaste est de s’inscrire dans une multiplicité de points de vue, vécus et secrets de famille. Chaque segment préserve un angle singulier sur les enjeux émotionnels d’une révélation. Et amène à se poser la question: 'Qu’aurais-je fait dans cette situation, me conformer aux ordres ou non?'» Le Courrier, Bertrand Tappelet

«Après Les manuscrits ne brûlent pas et Un homme intègre, Mohammad Rasoulof livre un nouveau film sur la complexité de la répression en Iran. Porté par des ellipses d'une puissance inouïe et une mise en scène sublime, récompensé de l'Ours d'or à Berlin, There is No Evil raconte quatre histoires dont les personnages sont confrontés à des choix cruciaux.» Le nouvelliste

«There Is No Evil ne fait pas mentir son titre et opère un retournement fantastique: plutôt que d’accuser le mal, il montre avec subtilité comment ses compatriotes résistent, vivent dans le malaise de leur conscience et parviennent, parfois, à échapper à la fatalité étatique.» Tribune de Genève

«Le résultat laisse pantois d’admiration par ses thématiques fortes et sa plastique magnifique qui maîtrise admirablement l’économie de moyens à la disposition du réalisateur.» Clap, Remy Dewarrat

«En se basant sur des pratiques endémiques à son pays, il parvient à embrasser à bras le corps l’universalité d’une condition humaine actuelle trop régulièrement inféodée aux croyances et autres fanatismes et ce, de manière autant personnelle qu’influencée par un groupe.» Clap, Remy Dewarrat

«Meisterhaft. Klug konstruierte Geschichten mit wahrhaftigem Kern.» Aargauer Zeitung, Regina Grüter

«Mohammad Rasoulof ist ein guter Geschichtenerzähler, er variiert das Tempo, hält unvermittelte Wendungen bereit und ist nah dran an den Figuren.» NZZ, Andreas Scheiner

«Dans un style au classicisme sublime, le scénario tient en haleine et subjugue.» Sens critique

«Un récit multiple brillant.» Le bleu du miroir

«Treibt die Stärken des iranischen Kinos auf die Spitze.» Der Spiegel

«Dass Rasoulof bei aller Kritik an der politischen Führung sein Land liebt, wird am interessierten Miteinander der Menschen deutlich, am lebendigen Trubel in Teheran, an der Schönheit der Landschaft, die der Regisseur immer wieder in aufregenden Totalen einfängt.» Filmdienst

«Eine Meditation über Moral, Schuld und Zivilcourage.» Tagesspiegel

«Rasoulofs Film besitzt neben seiner erzählerischen auch eine moralische Qualität: Er hat eine unbedingte Liebe zu allen seinen Figuren, den Opfern wie den Tätern, dem Henker ebenso wie dem Deserteur, die in jedem Augenblick spürbar ist, und dieses Moment von Humanität gibt der Geschichte auch an jenen Stellen Kontur, die in anderen Filmen als blosse Abschweifung erscheinen würden.» Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Kilb

«Ein Monument der Dissidenz - Wie so oft in der speziellen, indirekten Erzählkultur des iranischen Films betritt dieser ungeheuerlich kraftvolle Film zugleich noch eine übergeordnete allgemeinere Ebene: Rassulof, der in seinem Heimatland verurteilte Filmemacher, hat ein Meisterwerk über den zivilen Ungehorsam in einer Diktatur gedreht. Noch nie ist einer seiner Filme im eigenen Land gelaufen, vor diesem hier muss sich das Regime besonders fürchten.» Frankfurter Rundschau, Daniel Kothenschulte

«Ein Werk, das in Szene gesetzt ist mit dem sicheren Gespür des visuellen Künstlers für die Wirkung starker, klarer Bilder – die der starken, klaren, dabei doch komplexen Aussage des Films die luxuriöse Ebene ästhetischer Perfektion hinzufügen. Tatsächlich, ein Meisterwerk.» Alexandra Seitz

«Der Film erfüllt was wir im Kino lieben: Kraftvoll, emotional und zutiefst menschlich erzählt uns der Film Geschichten, die uns zeigen, was einen Menschen ausmachen und sensibilisiert uns, unser Leben in dieser Welt zu reflektieren. Politisch und ethisch weitet der Film den Blick in eine uns fremde Welt.» Jury Gilde Filmpreis der Kinobetreibenden

«Brecht auf Iranisch: der starke Wettbewerbs-Beitrag „There Is No Evil“ von Mohammad Rasoulof. In diesem Film haben sich viele in die innere Emigration zurückgezogen, auf propere Bauernhöfe am Kaspischen Meer. Oder sie züchten Bienen in kargen, goldgelben Landschaften. Aber gerade dort, wo sich Fuchs und Wolf gute Nacht sagen, verbindet Rasoulof seine Geschichte mit Exil, Gegenwart und Zukunft. Ein überzeugendes Statement.» TagesZeitung

«Ein Monument der Dissidenz. Rasoulof zeigt, dass es einen Abscheu vor der Anmassung der Diktatur, über Tod und Leben zu entscheiden, gibt, und dass Menschen das Risiko eingehen, sich zu verweigern. Auffällig ist dabei, dass man bei Rasoulof nie einen wirklichen Repräsentanten der Obrigkeit zu Gesicht bekommt. Im Grunde spielt sich alles in den Köpfen der einzelnen ab.» Perlentaucher

«THERE IS NO EVIL zeigt eindrucksvoll die Stimmung in einem autoritär regierten Land, in dem es gärt unter der Bevölkerung, die ihren Alltag nur unter grössten finanziellen Anstrengungen bewältigen kann und in der offenbar die Bereitschaft wächst, den Unmut auf die Strasse zu tragen.» epd film

«Es sind Variationen über das Thema der Freiheit des Einzelnen innerhalb eines Staates, der die Rechte des Individuums hinter die des Staates stellt. Macht sich schuldig, wer dagegen keinen Widerstand leistet? Wie lebt man damit, auf Befehl einen Menschen getötet zu haben? Der Regisseur, der diese rechtsphilosophischen Fragen stellt, kennt sie nicht aus Hegel-Vorlesungen. Im Sommer 2019 wurde Rasoulof zu einem Jahr Haft verurteilt, bisher ist er frei, kann aber das Land nicht verlassen, seit ihm nach der Rückkehr aus Cannes, 2017, sein Pass am Flughafen abgenommen wurde.» Berliner Zeitung

«Ein brillanter Film über Gehorsam und Verweigerung.» Indiewire

«Berlinale Film Probes the Limits of Free Will.» New York Times

«A powerful moral case against the country's death penalty.» Variety